Und so gab es im Fischerdorfe Colosse einen Mann namens Anton, der seinen Namen von seinen Eltern in Andacht an denen von York erhielt und so wurde auch dieser Anton ein frommer Mann. Der Eyne prüfte ihn und seine Frau Nadine, denn war es ihr nicht tunlich, ein Kind zu gebären. Anton und Nadine liebten dennoch ihr Leben und den Eynen, denn sie wussten, dass er es gut getan hat, wie er es getan hat.
Der Eyne war aber ein gerechter Gott und wie er das glückliche, doch kinderlose Paar auf seiner Erde arbeiten und beten sah, wollte er ihnen gutes tun. Und der Eyne schickte seinen Engel aus, der den beiden erschien und sprach: „Siehe, du bist unfruchtbar und hast keine Kinder, aber du wirst schwanger werden und einen Sohn gebären; einen Sohn, dem kein Schermesser aufs Haar kommen soll. Denn der Knabe soll ein Geweihter des Eynen sein von Mutterleibe an und er wird Bretonien befreien aus einer Gefahr, die noch kommen wird.
Zur gleichen Zeit als Bertram geboren wart, wurde der Eyne der Franken zornig. So verbrachten die Franken ihre Zeit in Bruderzwist und Trunkenheit und beteten eine Hexe an, die ihr Hexenheim im See aufgeschlagen hatte. Und so der Eyne sie von ihrem Streit untereinander abbringen wollte, schickte er ihnen die Oger. Eine grauenvolle Rasse voller Hass und Niedertracht, die stetig hungernd nach Menschenfleisch das bretonische Volk bedrohte.
Doch die Franken scherten sich nicht um das Leid ihrer Nachbarn und stritten weiterhin untereinander, auf dass die Oger mit blutig Krallen und übermenschlicher Kraft ihr Werk brachten und Weiler um Weiler, Dorf um Dorf, Stadt um Stadt niedermetzelten, bis dass nur noch wenige Franken übrig waren.
Bertram, der ein junger Mann, dem das goldenes Haar in Locken hinunterhing, geworden wart, erkannte, dass er handeln musste, so er seine Familie und deren Familie retten wollte. Er nahm seine Axt und sammelte die Wenigen aus Colosse um sich und zog gegen die Oger.
Der Kraft, die der Eyne ihm einst gab, waren die Oger nicht gewachsen und Grünhaut um Grünhaut wurde von Bertram erschlagen. Und die Oger fürchteten sich baldmals um des Namens Bertram, der ob seiner starken Arme und Statur, nunmehr der Stämmige genannt wurde, und flüchteten zur Burg de Paré, die auf dem Berge Carbo stand und vom Weinfluss umspielt wurde und so eine starke Feste bot. Und die Oger standen dort zusammen und grübelten und intrigierten, wie man Bertram stoppen könnte.
Bertram hatte viele tapfere Mannen unter sich gescharrt, auf dass sie als bald die Festung angreifen und die grüne Bedrohung endgültig aus Bretonien vertreiben konnten. Doch gleichfalls fanden sich auch jene unter ihm ein, die sich in seinem Lichte sonnen und in Niedertracht und Habgier sich an seinem Ruhme bereichern wollten. So gab es auch einen Mann namens Kälest, der aus dem Lande Kaotien kam. Bertram, der voller Menschenliebe und Nachsicht war, wurde des Kälest Freund und vertraute ihm, wie er sonst niemanden vertraute.
Die Oger, die aber von dieser Freundschaft erfuhren, kamen zu Kälest und fragten ihm: „Mensch, der du Freund von Bertram bist, den man den Stämmigen nennt, überrede ihn und sieh, wodurch er so riesige Kraft hat und womit wir ihn überwältigen, dass wir ihn binden und bezwingen. So wollen wir dir tausend und zehn Silberstücke geben und du sollst mit uns über Bretonien herrschen, so wir alle Menschen zu unserem Vieh unterjocht haben, um sie alsbald zu essen.“
Und wie der Kaotier wieder auf Bertram traf sprach er zu dem Stämmigen: „Bertram, der du mir bist wie ein Bruder. Sage mir doch, woher deine Kraft kommt und womit man dich binden kann, um dich zu bezwingen; auf dass wir durch dieses Geheimnis auch weiter miteinander verbunden sind.“ Bertram antwortete ihm in Zutrauen: „Wenn du die Locken meines Hauptes zusammenflechtest und heftest du sie mit dem Pflock an, so würde ich schwach und wie jeder andere Mensch.“
Da ließ er Bertram einschlafen und flocht die Haare zusammen und heftete sie an und sprach: „Bertram erwache, denn die Oger greifen an.“ Und Bertram erwachte, stand auf und riss mit seinem Haar die Pflöcke und Stricke aus dem Boden heraus. Kälest sprach: „Wie kannst du sagen, du vertraust mir und liebst mich wie einen Bruder, wenn dein Herz nicht mit mir ist. Du hast mich getäuscht und mir nicht gesagt, worin deine unbeschreibliche Kraft ist. Vertrau mir, denn ich verspreche dir, dass dein Geheimnis bei mir sicher ist und mein Gelöbnis der Verschwiegenheit soll über meinen Tot hinaus gehen.“
Als er aber mit seinen Worten täglich in Bertram drang und zusetzte, wurde seine Seele sterbensmatt und er tat ihm sein ganzes Herz auf und sprach zu dem Kaotier: „Es ist nie ein Schermesser auf mein Haupt gekommen. Wenn ich geschoren werden würde, so würde meine ganze Kraft weichen und ich würde werden wie jeder andere Mensch.“
Als Kälest nun sah, dass Bertram ihm sein ganzes Herz hatte aufgetan, rief er die Oger herbei. „Kommt her, denn Bertram, den sie den Stämmigen nennen, hat mir sein Geheimnis genannt.“ Und die Oger kamen und brachten dem Verräter sein Geld. Und der Kaotier ließ Bertram einschlafen, scherte ihm sein Haar und band ihm. Und als Bertram aufstand und bei sich dachte. Ich will frei ausgehen, wie ich es früher getan habe und mich losreißen. Doch wusste er da noch nicht, dass der Eyne war von ihm gegangen.
Da griffen ihn die Oger und stachen ihm die Augen aus und führten ihn auf die Felsfestung de Paré. Und dort musste er in den Tiefen der Verliese die Winde drehen, die den Ogern das Wasser auf den tausend und tausend Meter hohen Berg Carbo brachte. Tage um Tage, Wochen und Wochen arbeitete er dort in seiner eigenen Finsternis bei Wasser und Brot. Doch sein Haar begann wieder zu sprießen.
Als aber die Oger sich auf der Felsfeste versammelten, um zusammen mit dem Kaotier bei Menschenfleisch und Menschenblut den baldigen Sieg über die Menschen zu feiern, sprach Kälest: „Lasst Bertram holen, damit er seine Späße für uns treibe und uns belustigt“. Da holten Sie Bertram aus dem Verlies und stellten ihn in den Thronsaal. Die Burg war aber voller Oger und die Grünhäute standen auf der Brüstung, um den Späßen von Bertram, ihrem einstigen Feind beizuwohnen.
Bertram aber rief den Eynen an. „Herr, Herr denke an mich und gebe mir Kraft, damit ich mich noch einmal für den Verlust meiner Augen und den Verrat an mir rächen kann.“ Und er stellte sich zu Fusse des Berges Carbo und umschloss die beiden Säulen, auf dem der Höhenzug ruhte, stemmte sich gegen sie und sprach: „Ich will sterben mit den Ogern“ Und da neigte er sich mit aller Kraft gegen den Fels und brach diesen aus der Erde hinaus und hob ihn auf seine Schultern und sprach: „Dir Eyner habe ich gedient und dir Eyner will ich dienen. Im Leben, wie im Tod. Doch dir Kälest werde ich deinen Verrat verzeihen, denn war ich es, der deine Not und Schwächen nicht erkannt und dir nicht helfen konnte.“
Und mit der letzten Kraft, die ihm geblieben war, warf er den Fels ins Meer vor die Stadt Lex Port, auf dass dort nur noch ein kleiner Teil aus dem Meere hinausschaute. Dabei starben mehr Oger in Bertrams Tod, als die in seinem Leben starben.
Und ein Engel stieg vom Himmel herab und hob den Leibe Bertrams auf und brachte ihn auf die Ogerinsel, auf dass er dort den wenigen lebenden Ogern ein mahnendes Zeichen war. Und die wenigen Oger, die auf der Insel vor Lex Port ihren Untergang überlebten, meiden bis heute die eine Hälfte der Insel, auf der der Gesandte des Eynen sein Grabe fand.