Heute wollen wir Sie mit einem Gespräch begeistern, welches wir mit einem Reliquienknecht aus dem Orden des St. Reginald geführt haben. Hintergrund ist die jüngste Reise nach Vinland, deren kuriose Umstände sich wie ein Lauffeuer in Bretonien verbreiten.
NYC: Bonjour Monsieur. Sie sehen verstört aus. Liegt es an den Vorkommnissen in Vinland?Reliquienknecht: Was? Wieso? So sehe ich immer aus! Achso, ein Schreiberling...Eigentlich weiß niemand so wirklich, ob wir auf Vinland waren. Irgendeine dunkle Magie war da am Werke... verwirrend war es allemal, ca c'est vrai, mon dieu.
NYC: Da sprechen Sie schon das erste Thema an: Gelehrte die wir befragten, zeigten sich verwundert, dass eine Reisegesellschaft, die auf einem bretonischen Schiff Richtung Süden nach Jarlow aufbricht, plötzlich auf einem Drachenboot aus nördlicher Richtung wiederauftaucht. Was hat der Steuermann getrunken und ist es zu empfehlen?
RK: Also da begann ja schon die Verwirrung. Bruder Roparzh, das ist der in dem Kettenhemd dahinten, sagte zu mir: "Irgendwie riecht der Humpen heute komisch, probier mal!" und das nächste, woran ich mich erinnere, ist ein schwankendes Deck...
Ich gehe aber davon aus, dass es eine geplante Expedition war, denn Sire Jaques und Sire Roland führten wohl ausgerüstete Bretonen an. Vermutlich änderte der Kapitän für ein paar Silberlinge bereitwillig den Kurs Richtung Vinland, wo der alte Feind, Orks, wieder ihr Unwesen treiben sollten.
Die Nordleute behaupten, man könne die Insel, auf der wir landeten, nur mit mächtiger Magie und der Hilfe der Götter erreichen. Naja, wir hatten ein paar betrunkene Seeleute aus Jarlow und Fässer voll Rum. Hat auch gereicht...
Die haben uns am Strand abgesetzt und sind verschwunden. Ab da ging es eigentlich nur noch darum, ehrenvoll zu sterben oder mit Blut und Schweiß unsere Rückkehr zu ermöglichen...
NYC: was Sie eindeutig geschafft haben. Aber Magie, Götter und Orks? Das produziert ja mehr Fragen, als Antworten. Wie ist es den Bretonen da oben nach der Landung ergangen?RK: Zunächst schlugen wir ein Lager auf und erkundeten die Umgebung. Ein guter bretonischer Morgenspaziergang schadet ja nie. Also jedenfalls nicht immer... In diesem Fall stießen wir auf Ruinen und eine verlassene Nordmannsiedlung. Jemand mit besseren Augen als ich entdeckte, dass die Nordleute wohl gerade mit ihren Schiffen anlandeten und eine Horde stinkender Orks ihnen den Weg zur Siedlung abschneiden wollte. Sofort eilten wir den Nordleuten zur Hilfe und wollten den Orken in den Rücken fallen. Leider drehte sich in diesem Augenblick die gesamte Meute um und wendete dich gegen uns. Orks, Ostmenschen und Wesen wie humanoide Fische fluteten Welle auf Welle gegen uns wackeren Haufen Bretonen. Ihre Anzahl überstieg die unsere um ein Vielfaches und so war unser Kampf heldenhaft, aussichtslos und kurz... Wir konnten nur noch hoffen, so viele von den Bastarden wie möglich mit in den Tod zu nehmen und den Nordleuten wenigstens etwas Zeit verschafft zu haben. Irgendwann traf mich eine Lanze in die Brust und Schwärze senkte sich über mich. Ich war bereit für den Tod, Seite an Seite mit meinen Brüdern und Schwestern und all den anderen wackeren Bretonen.
NYC: Mon dieu! Es fällt mir schwer, das zu glauben! Fischmenschen? Was zum Knatterlachs ist das nun wieder? RK: Die Gelehrten nennen sie wohl Ichthyoide. Also die gehen aufrecht wie wir... naja, nicht wie wir... eher wie Orks... und einer hatte einen Oktopuskopf. Doch am stärksten ist mir die Riesenmakrele in Erinnerung geblieben. Die hatte einen Anker, größer als ein Franke, mit dem sie Breschen in unsere Reihen geschlagen hat. Ich weiß, dass du mir das nicht glauben willst, Schreiberling. Ich sehe es in deinen Augen. "Der Cochon ist ein Lügner, verrückt oder betrunken oder alles zusammen", das denkst du gerade. Aber fragt doch die hohen Herren. Die werden es dir bestätigen und die wirst du wohl kaum als Lügner abtun, oder?
NYC: Nicht hauen! Ich will euch ja glauben. Aber das klingt alles wie ein böser Alptraum! Wie ging es weiter? Seid Ihr gestorben? RK: Na dann wäre ich doch nicht hier! Die Nordleute nutzten den Augenblick, vertrieben die finstere Brut und heilten uns. Da war wohl kein Bretone, der sich den Orken nicht entgegengestellt hatte, und so hatten die Heiler viel zu tun. Danach galt es zunächst, sich gegenseitig kennenzulernen. Die Nordleute haben uns nicht wirklich vertraut und es gab doch wahrlich welche, die uns... UNS!... verdächtigen, mit Orks zu paktieren! Lächerlich!
Es folgte eine weiter verwirrende Zeit aus offenem Kampf und Wettstreit. Wir mussten ein Drachenboot rudern, um uns zu beweisen, einen Troll jagen, einen Tempel beschützen, ach, es war viel zu tun, dass sage ich euch...
Hatte ich schon die Blutelfen erwähnt? Nicht? Die gab es auch noch. Wenn man Elfen schon nicht vertrauen soll, was ist dann erst mit Blutelfen?!
NYC: Blutelfen? Na also wenigstens scheint diese Gattung nicht hinterlistig zu sein, schließlich tragen sie ihre Gesinnung schon im Namen. Aber wenn ich es nicht besser wüsste, könnte es sich glatt um einen Abenteuerausflug in den Neu Yorker Zoo handeln! Wie ist die Geschichte denn nun ausgegangen? Seid Ihr gestorben?RK: Wir waren mehrfach kurz davor. Unsere Zahl war gering und wir sahen uns ständigen Gefahren und Kämpfen ausgesetzt. Nun ist es unsere Sache nicht, uns zurückzuhalten, weshalb wir auch ständig Verwundete hatten...
Untote waren übrigens auch noch da, aber das war dann schon zu einem Zeitpunkt, als einen kaum noch etwas überrascht hat...
Nachdem die Nordleute hin und her diskutiert hatten, kam es zu einem großen Angriff auf das Lager der Orks. Wir stürmten unter hohem Blutzoll das Tor und ich lag mit Bruder Jean-Luc verwundet hinter den feindlichen Reihen. Die Riesenmakrele hatte mir ihren Anker ins Gesicht geschlagen und ich wäre wohl verblutet, wenn nicht ein Ork mich mit einer Art Schnupftabak geheilt hätte... verstehe einer die Orken... von einer Makrele besiegt, von einem Ork gerettet. Für mich war dieser Feldzug damit vorbei. Ich weiß noch, wie erleichtert ich war, als Schwester Arionne mich aus dem Orklager schleppte und wie ich mit Bruder Jean-Luc über unsere Heilung, diese Laune des Schicksals lachte...
Der Rest der Reise liegt für mich wie im Nebel. Die Nordleute wollen auf der Insel wohl siedeln, wir wollten nur noch weg. Ich habe nicht zurückgeschaut, als wir endlich abfuhren. Möge diese Insel auf ewig den Nordleuten gehören!
Doch unter uns: Wenn ich mich nachts auf mein Strohlager lege, dann höre ich manchmal noch die Stimme dieses Orks in meinem Kopf. Als er mich heilte, da sagte er "Erinnere dich!".
NYC: Diese Reise scheint von Anfang bis Ende ein Mysterium...Eine letzte Frage habe ich noch an Euch: Stimmt es, was man sich erzählt, dass es Schwarzmäntel gibt, die sich an den Leichen ihrer Gegner und Kameraden vergehen? RK: Das sind die Fragen, die eure Leser wirklich interessieren?
Ich will dir mal was über die Toten erzählen, Schreiberling: Den Toten ist egal, was mit ihren Leibern passiert. Die Toten wissen nur eines, nämlich dass es besser wäre, am Leben zu sein!
Also solltest du dir weniger Gedanken darüber machen, was ein Schwarzmantel einem Toten antun könnte, als darüber, was ich mit einem Lebenden machen könnte, der meine Geduld strapaziert...Adieu!
I
st das nicht ein starkes Stück, was Sie soeben gelesen haben? Nach dem Gespräch drängt sich nun vor allem eine Frage in den Vordergrund: War die letzte Antwort des Schwarzmantels ein Eingeständnis? Braucht unser Schreiber nun Schutz, wenn er durch die verwinkelten Gassen Neu Yorks geht?Wie immer halten wir Sie auf dem Laufenden, falls sich etwas ergibt!